Es war wieder einmal nichts zu finden, kein Kugelschreiber mit dem er die ersten flüchtigen Gedanken aufschreiben wollte, kein Papier. - - - - -- - - -- -teil 2 - - - teil 3 - -- teil 4 - - - -- - - -- - - -zurück zu hauptseite
"Wie Herr S. sich auf die 1. Grosse Revolution vorbereitet" oder so ähnlich sollte der Titel sein , der das endlich zusammenfasst , was ihm schon seit einem Jahr im Kopf um ging, er es aber nie genau zu fassen bekam, die Frage, wie konnte das sein, wie sollte das gehen mit der Veränderung seines Lebens, ja aller Menschen, ja alles was ihn sonst so steuert.
Ihm war schon lange klar, dass das nicht so von heute auf morgen gehen konnte, sozusagen mit einer einzigen emanzipatorischen Leistung alle, aber auch alle Verhältnisse zum tanzen zu bringen, aber er hatte die Bedenken immer beiseite geschoben, es würde schon werden, wenn alle... und ausserdem...irgendwann musste mal ein Anfang gemacht werden.
Doch bei allem Übermut, der ihm schon beim ersten Gedanken an eine andere Welt überkam, wurde er meist doch sehr ruhig und nachdenklich - was sagen die Nachbarn, spinnt er jetzt, oder wieso denken andere nicht mal auch so wie er.
Durfte er sich so weit hinauswagen auf ein Terrain , besetzt mit Vorurteilen , Unsicherheiten und verbunden sogleich immer mit einem Problem, das seiner "Machbarkeit, Finanzierbarkeit"
Wie würde das sein, wenn alle ohne Geld aber in voller Übereinstimmung zu seinen Ideen gleichzeitig im noch gebliebenen Supermarkt das holen, was sie gerade brauchen.
S. wollte jetzt nicht so weit denken und irgendwie war schon auch klar, dass es genau diese Chaos nicht geben würde, so ein Zustand wäre sehr schnell vorbei, würde die Lage wieder zurückholen, aus der solche Revolten, Riots entstanden, nämlich den Mangel an Waren oder Produktion oder Bewusstsein.
S, wollte vorsichtiger, ruhiger an die Sache herangehen, auf einem anderen Weg, ein langsamer fast unmerklicher, der Stück für Stück die Verändeung hervorbringen sollte.
S, wollte von Anfang an dabeisein, ohne schon genau zu wissen, was das für ihn bedeuten würde.
Als erstes die Arbeit beenden, das wusste er oder stellte sich das so vor, aus der Überlegung, dass aus seiner Beteiligung an vielen schlimmen Situation, die durch die Arbeit erst entstanden: Ausbeutung emigration erniedrigungen usw. viele weitere Unsinnigkeiten entstanden waren.
Also erst aufhören, alles andere würde sich schon zeigen. Er hatte schon vor Jahren im Urlaub ein paar Ideen aufgeschrieben, die er erst vor kurzem unter alten Fotos wiederfand: "eine Zukunft ohne Arbeit, ohne Ausbeutung", aber das war mehr ein Gedankenspiel, ohne konkrete Absicht, ohne dass es mal wahr werden könnte.
Aber wie er jetzt so dastand, mit dem schlechten Kugelschreiber auf eine alte Rechnung den Titel seines Buches schrieb, wusste er, dass es jetzt kein Zurück mehr gab, besser, dass er nicht mehr zurück wollte hinter die Linie, die er durch seine Gedanken überschritten hatte, alles zu tun um sich auf die Revolution vorzubereiten.
Stimmt das
Die Vorstellung, als einer der ersten sich hinauszuwagen, liess ihn ein wenig erschauern, aber sein Rücken spannte sich und er atmete langsam ein.
Was sollte er jetzt schon auf der Strasse, ohne einen weiteren Gedanken getan zu haben, ohne genau zu wissen, was er den anderen sagen würde, wie er seinen Entschluss begründen würde.
" es einfach nicht mehr auszuhalten" , das was schon zu oft als Begründung für grosse Taten von ihm und seine Freunden gebraucht und wieder verworfen worden.
" es begriffen zu haben", na gut- erst jetzt?, würden da die alten Genossen sagen .
was machte ihn also so sicher, so wagemutig wie einen Springer ohne sicheren Boden.
Er blätterte zurück, auf den kleinen Zettelchen, die sich inzwischen mit halben Sätzen und starken Worten gefüllt hatten, und er fand selber keine Logik, kein Konzept, das ihn überzeugt hätte, das andere überzeugen könnte.
Was hindert
Trotzdem musste er jetzt lächeln über seine ersten eigenen Gedanken, wie er angefangen hatte als Jugendlicher Sätze zu formulieren die seine Position in der Welt definieren sollten: ich bin Brandenburger, ich bin stark , ich gehöre zum Club , wir besiegen alle, wir gehören zusammen. Später dann: ich gehöre nur dir, wir trennen uns nie, wir bleiben hier.
Dann in der Arbeit: wir schaffen das schon bis Montag, die anderen geben zu schnell auf, wir machen weiter. Er dachte, eigentlich ja nicht so schlecht, diese Vorsätze, Bestimmungen, Aufgaben, Zusammengehörigkeit, aber wofür das alles. Um heute ganz allein dazustehen, ohne Arbeit ohne Beziehung, mit einem Häuschen ohne Leben und einer Perspektive, deren Ende nicht zu sehen war.
Er wollte nun trotzdem auf die Strasse um ein bisschen Luft zu bekommen, Vielleicht würde ihn das auf andere Gedanken bringen, er wollte jetzt einfach weiterdenken an seinen Plan seinem Entschluss, aber es hinderten ihn zu viele Erinnnerungen, die hochkamen.( Musste er wirklich jedesmal an diese Geschichte denken, als ihn beim ersten Arbeitstag die Meistersfrau zu sich nahm und seine Fingerspitzen begutachtete "sehr sensible finger, gut für feine Arbeiten," wie eine Kuh auf der schlachtbank.)
Die vielen vergeblichen Versuche, andere Normen oder Regeln oder Normen für das tägliche Leben zu finden erfinden, durchzusetzen. Mal spielerisch, dann mit Trotz oder mit Einsatz seiner ganzen Kraft, die Staatsmacht oder die Gesellschaft war stärker, hatte den längeren Atem, "Regierungen kommen und gehen, die Polizei bleibt"
Das alles hatte ihn früher so entmutigt, deprimiert, nur wütend gemacht. Jetzt legte er nur den Kopf zur Seite und horchte in sich hinein. Klar, das waren andere Zeiten, heute würde er einfach konsequenter bei der Sache bleiben, sich nicht schämen über eine unverschämte Forderung nach mehr Geld.
Aber das Geld war auch so ein Ding, was früher immer im Kopf umging. Wieviel kann ich noch ausgeben, was passiert wenn ich alles verliere, was mach ich im Alter.
Jetzt würde er wohl erstmal in ein gosses Loch fallen, wenn da nicht seine Schwester in Freiburg wäre, aber die wusste noch garnichts von seinem Entschluss, ihr traute er sich am wenigsten zu sagen, weil es dann wirklich kein Zurück mehr gab, sie nahm ihn doch immer so Ernst und hörte auf seine Ratschläge, wenn sie mal Unglück mit Männern hatte.
Wie lange würde er noch über die Runden kommen, sich halb durchmogeln, ohne die nächsten notwendigen Schritte zu tun, die er doch aber noch garnicht wusste, oder doch?
Schon wieder so eine gedanklich Sackgasse, und jetzt hatte er grade gar keine Lust darüber nachzudenken, oder ging es nicht, oder war seine Wut schon zuende.
Musste er doch noch mehr lesen, sich fit machen theoretisch, alles wissen über Verwertung , Kapital, Systeme. Seine Gedanken kreisten nun wie eine Achterbahn, die auch immer wieder an der selben Stelle ankommt, wo ist der Ausgang , wo ist die Lösung. Er hatte doch schon den ersten Schritt getan, der Entschluss, oder war das garnicht wahr, war das nur ein Trick um sich vor sich selbst nicht schämen zu müssen , immer noch in diesen unwürdigen Zuständen leben zu müssen, keinen Ausweg zu wissen oder sich zu wagen, herauszuspringen bei voller Fahrt.
Das sollte doch auch anders gehen, langsam, bedacht, cool, auf der Gewinnerseite endlich einmal, wo er doch so gute Gedanken hatte und jetzt das.
Bis hierher sind wohl schon viele gekommen, die dann im nächsten verzweifelten Schritt zum Chef gegangen sind, und alles sagen wollten, dass sie nicht mehr wollen, dass sie nicht mehr können.
Vielleicht wäre es gut, eine materielle Grundlage seines Lebens schon mal anzutesten. Seine Wohnung aufzugeben war ihm irgendwie zu schade, weil sie erstens praktisch war, und er doch irgendwo wohnen musste, Revolution hin oder her. Auto hatte er schon längst keines mehr, dafür hatte sein ökologisches Gewissen, oder was ihm dazu eingeredet wurde, gesorgt.
Ausserdem wollte er erst überlegen, wenn einzelne Veränderungen anstanden, inwieweit sie auch sinnvoll , nicht nur für ihn, wären. Sie sollten auf keinen Fall seine Handlungsmöglichkeiten einschränken, eher erweitern, das Denken befreien.
Dann schon lieber alte Schemas überprüfen, die Gewaltfrage, die Organisierungsfrage. Ja, aber schon war er wieder weg von konkreten Schritten, das war ihm allmählich in Fleisch und Blut übergegangen, immer erst zu analysieren abwägen keine spontanen Sachen mehr, um ja keine Fehler zu machen, nicht aufzufallen, in seiner Nachbarschaft, mehr angepasst als ein Bankbeamter, der wenigstens noch Schnellstarts mit seinem Porsche hinlegte,
nicht aufzufallen bei den politischen Freunden mit abstrusen Ideen, die dann entweder zu utopisch oder konter gewesen wären.
Abschiede, waren das jetzt schon Abschiede aus der alten Welt, den alten Zusammenhängen, der alten Muster oder ein Anfang, ein Neubeginn. Gab es überhaupt was Neues aus dem Alten, musste nicht erst alles zerstört werden, was hindert?. Auch wieder so ein unüberprüftes Klischee? Es ging ihm zu schnell, dass plötzlich alles nicht mehr stimmen sollte, nichts mehr zusammen passte, er sich auf nichts mehr berufen konnte.
Wahrscheinlich waren dann auch alle moralischen Grundsätze falsch, an denen er so gehangen hatte, die ihm bisher so gut geholfen hatte. Das wurde ihm jetzt doch zuviel, der ganze Wust von Falschem.
Er musste wieder von vorne anfangen und blieb gleich bei der Frage hängen, ob das so stimmte mit der Wohnung. Sie war laut, eng und mehr so eine Absteige, ein Notquartier. Zum Leben , für ein anderes Leben hatte sie wirklich keine Qualitäten. Seine Vorstellungen von einen besseren Leben, Träume, die sich jeder mal macht, waren natürlich eng mit Wohnen Urlaub Meer Natur und Sonne verbunden. Das Traumhaus, bald von der Werbung übernommen, als Synonim für Freiheit hat aber nur Platz für die klassische Zweierfamilie mit Kind, clean, isoliert, am Rande der Stadt.
In dieser Vorstellung ist alles festgeschraubt, eingebunden, so, wie sich unter diesen Verwertungsbedingungen eben nur leben lässt. So konnte das nicht sein.
Er hatte nie Zeit gehabt, sich ein anderes Konzept auszumalen, das seine Ideen Visionen, auch gesellschaftliche, einbezieht. Jetzt sprudelten seine Gedanken über und ein warmes Gefühl überkam ihn, grüne Wiesen, tanzende Menschen, eine grosse Tafel unter Bäumen, im Gras liegen und in die Wolken schauen. Wie Menschen miteinander leben, gut leben können, das beschäftige ihn noch mehr, und schon wieder kamen dunkle Wolken, Generve, Enge. Und dazu gab es nicht mal Werbebilder, Vermarktungen, weil sich das eben nicht vermarkten lässt. Alles selber denken, dachte er, gab es denn niemand der oder die ihm dabei helfen könnte(n)., aber nirgendwo ein echtes soziales Projekt in dem Menschen ohne Kapital zusammenkommen könnten, ein paar Communen, ein paar Sekten.
Die Änderung dieser schlechten Verhältnisse geht heute nicht mehr durch die Veränderung der Produktionsstrukturen oder über staatliche oder demokratische Eingriffe, das ist alles zu wasserdicht abgeschottet, selbstregelnd.
ein Zusammenbruch des Systems wird zwar immer herbeigeredet, wird aber nicht stattfinden, solange wir uns nicht ändern.
ich kann mir keine welt vorstellen, die sich automatisch zu meinen Gunsten ändert
ich glaube eher die Menschen fangen bei sich selber an , nachzudenken über Strukturen, Verhalten, Emanzipation, Ideologien und werden bald die Bäckerin auslachen, die einen halben Stundenlohn für ein Brot verlangt, egal wie verzwickt die Produktionsbedingungen und Mehrwertschöpfung auch sein mögen.
Wichtig, dass das nochmal aufgeschrieben, analysiert wird, wie alles zusammenhängt, Wirtschaft, staat , gesellschaft, was darin bisher wenig vorkommt, sind wir selbst als Menschen, als Subjekte der Veränderung, die ihre momentane Handlungsfähigkeit abgegeben haben beim Staat und beim Verwertungsdenken.7
Zuerst sollten mal ein paar Bilder kommen, wie sich Herr S. die Welt der Zukunft vorstellte, Bilder , die wir alle schon schon geträumt haben, von grünen Wiesen , von Menschen die leben, sich freuen, eine Gesellschaft ohne Konflikte, oder wenigstens lösbare, ohne Kriege und Zerstörung,
aber meistens denke ich, das wird sich schon geben, das werden die Menschen sich schon selbst einrichten, wie sie leben wollen, weil wir jetzt nur wenig in die Zukunft schauen und planen können.
es geht mir darum, die Bedingungen zu schaffen, in der wir neu überlegen können was wir brauchen
Prosa 5 werte
Herr s wollte sich nicht mehr über seine Wertlosigkeit definieren, arbeits"los", wohnungs"los", er wusste, solange er solche Begriffe verwendete, war er noch sehr in die Welt des Wertes verstrickt.
Immer mehr Wörter gruben sich aus seinem Gedächtnis, obdachlos wertlos, Wörter die klangen wie "judenfrei" atomwaffenfrei", aus der Begriffswelt seiner Eltern. Wörter, die er lange auch so gebraucht hatte, bis er durch Freunde, Schule aufmerksamer wurde .
Aber er selbst verwendete recht unüberlegt auch eine Menge Adjektive für die Beschreibung seiner Umgebung:
rechtlos glücklos kunstlos inhaltslos bargeldlos machtlos staatenlos freudlos kampflos wunschlos sorglos heimatlos gedankenlos traumlos ideenlos leblos------ leb los kann man auch anders betonen lebe los , leb, los!
das wort zukunftslos gibt es nicht
Er wollte sich neu definieren, was war er eigentlich, wenn man die ganzen Eigenschaften, die ihn umgaben wegtäte, arbeit wohnung heimat staat , bargeld, macht, kunst, recht, glück, kampf.
Was er sich nicht nehmen lassen wollte : gedanken ideen wünsche träume freude .
er wollte nicht mehr nur abschreiben, dokumentieren, was andere sagen, leben, überlegen, er musste anfangen seine Wünsche Ziele zu erforschen, beschreiben, prüfen, verwerfen, neu nachdenken, leben, leben. jetzt war er auf der Spur, sich selber zu sehen als Mensch , hineingeworfen in eine künstliche Umgebung, ferngesteuert über seine Bedürfnisse, die er alle ablegen konnte und hinaustreten als freier Mensch.
Aber schon wieder plagte in eine Sorge, seine Wohnung, eine Bleibe brauchte er doch erst einmal,. er konnte oder wollte seinen Freunden, die ihn wahrscheinlich gerne aufgenommen hätten, nicht auf die Nerven fallen.